Pfarrchronik - Lißberg

Lißberg / Hessen
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Pfarrchronik

Geschichte

Auszüge aus der Pfarrchronik

Wie bereits angedeutet, kann Lißberg auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Alle Details hier aufzuzählen ist nicht möglich, aber wir möchten den Geschichtsinteressierten einen kleinen Auszug bieten. Der Pfarrer Lucius in Usenborn hat 1896 die wichtigsten Begebenheiten der Lißberger Geschichte von 1600 - 1800 zudammengestellt. Grundlage dafür ist das "Protocollum der Pfarr Lisbergk", angelegt von Pfarrer Draudt 1616. Wiederentdeckt wurden diese Aufzeichnungen von dem Lißberger Heimatforscher Erhard Weitzel für die Festschrift zur 750 Jahrfeier der Stadt Lißberg 1972. Der nachfolgende Text ist in der damaligen Schreibweise wiedergegeben. Darin wird Lißberg "Lisberg" geschrieben, ist jedoch nicht mit LISBERG im Steigerwald, bei Bamberg, zu verwechseln !
Lisberg im 30jährigen Krieg.

Nach dem Tode Ludwig IV. von Hessen-Marburg 1604, war Lisberg an Hessen-Darmstadt gefallen und bald darnach wurde es eine selbständige Pfarrei.
Bis dahin hatte es, obwohl Stadt und Amtssitz, in kirchlicher Beziehung zu dem jenseits einer steilen Anhöhe an der Leisbach liegenden Schwickartshausen gehört.
Schon 1565 hatten die Lisberger einen eigenen Friedhof angelegt und zwar auf dem rechten Ufer der Nidder am Walde. "Dieweil es ihnen" aber " auch schwer gefallen, die Todten über die Bach zu bringen und ihnen einmal, als das Wasser groß gewesen, eine Leich vom Karren gefallen, sind sie verursacht worden, ein ander Begräbnis zu suchen". So wurde 1611 zu diesem Zweck "ein Acker am Pfarrhaus" gekauft, und war damals Joh. Steuber Pfarrer zu Schwickartshausen und Diakon zu Lisberg. In demselben Jahr wurde das "alte Pfarrhaus" für 70 fl. verkauft und für 115 fl. ein neues gekauft. Allmälich wurde durch Schenkungen der Lisberger die Pfarre dotiert, Kelch, Altartuch etc. angeschafft und ein Kapitel für den Kirchbau gesammelt, zu welchem letzteren Zweck im Jahre 1616 der Landgraf 358 fl. schenkte. Auch den Platz für die Kirche gab der Fürst, sodaß 1618 der Kirchbau in Angriff genommen werden konnte und 1619 die Loslösung Lisbergs von der mater Schwickartshausen vollzogen war. Am 27. December 1619 wurde das erste Kind in der "neuen Kirche" getauft.
Der erste Lisberger Pfarrer war wohl der schon erwähnte Henricus Draudius. Er stand hier bis 1631, wo er nach Breungeshain versetzt wurde.
1620 hauste das Braunschweigische Kriegsvolk auch in Lisberg und nahm das messingene Tazfbecken sowie 10 fl. Kirchbaugelder mit.
Dagegen war war 1626 und 1627 Lisberg, wie es scheint, eine Zufluchtstätte für Leute aus benachbarten offenen Dörfern wie Usenborn und Gelnhaar, die "vor dem"lahmen Görzenich" oder "wegen des Pappenheimischen Durchzugs dorthin flohen" und ihre Kinder taufen ließen. Doch starben im letzteren Jahr auch schon einige Personen an der Pest. Mit 1629 begannen aber auch für Lisberg die schweren Zeiten. Vom 4. October bis 23. December raffte die Pest 32 Personen hin; zweimal wurden je 3 Personen, die an einem Tage gestorbenwaren, in ein Grab gelegt. Wie überall, fingen auch hier in Folge der schweren Zeiten, die bürgerlichen und kirchlichen Sitten sich an zu lockern. Der 1629 copulierte Schulmeister Joachim Chochleator verließ sein schwangeres Weib und zog davon.
Eva, des verstorbenen Gangolf Baier Tochter, die eine Zeitlang "im gemeinen Leben" umhergezogen und Armuths halber von einem Ort zum anderen gebracht worden war, hatte in Eichelsachsen ein Kindlein geboren, das darselbst erfroren war. Die Mutter wurde 3 Tage darauf nach Lisberg, ihrem Heimatort, gebracht.
Niemand, auch nicht ihr eigener Bruder wollte sie aufnehmen. So lag sie bei grimmiger Kälte bis Nachts 10 Uhr auf dem Wagen, wurde endlich in einen Eselstall geschleppt und erfror darselbst in der Nacht, den 14. December 1629.
Am 25. März 1631 wurde M. Joh. Henricus Heyderich legitime als Pfarrer in Lisberg ordiniert und eingeführt. Er versuchte Zucht und Ordnung in der Gemeinde zu schaffen, allerdings der Erfolg war gering und die Klagen über Unbothmäßigkeit bei Alt und Jung kehren ständig wieder. Bei 50 Reichsth. Strafe wird die Gemeinde von dem Amtmann angehalten ihre Schuldigkeit zu thun in der Unterhaltung der Pfarrgebäude.
1634, wohl im Anfang September, flohen vor dem kaiserlichen Kriegsvolk Leute aus dem benachbarten Büdingen, Rohrbach, Bleichenbach, Fauerbach etc. nach Lisberg wie das Taufregister besagt. Doch bald war auch Lisberg ein Tummelplatz der wilden Horden.
Am 27. September plünderte Jordan Hansbergk, Reuter unter Joh. von Werdt, das Hanau-Schwarzenfels´sche Gut in Ortenberg und zündete den dazugehörigen Bau zwei Tage später an. Am 2. October wurde Georg Schevola, Pfarrer zu Wallernhausen von den Kaiserlichen ermordet. Am 3. October fielen dieselben zum zweitenmal in Lisberg ein, plünderten Schloß und Kirche, bläuten den Schultheiß ab und legten dem Städtchen eine Brandschatzung von 100 Reichsth. auf.
Am 5. October steckten sie Lisberg in Brand, wurden aber am 6. als sie es vollständig ruinieren wollten, von den Bürgern mit Verlust etlicher Personen abgewiesen. Das dieser Abweisung sehr bald die Einnahme des Städtleins folgte, wird zwar nicht ausfrücklich erwähnt, ist aber aus den Eintragungen im Todtenregister zu entnehmen: "von den Kaiserlichen erschossen" oder "jämmerlich erschlagen".
Mit dem Jahre 1635 beginnt die in der ganzen Gegend grassierende schreckliche Pest ihr Werk. Es starben: im Januar 7 Personen, im Februar 30 Personen, im März 33 Personen, im April 30 Personen, im Mai 13 Personen, im Juni 9 Personen, im Juli 15 Personen, bis 8. August 5 Personen, zusammen 142 Personen.
Ein Lisberger wurde todt im Wald gefunden. Das Pfarrhaus war zu dieser Zeit verlassen, denn am 25 April wurde Joh. Beppel, scabinius, todt darin gefunden. "ist vielleicht wegen der Soldaten dahin geflohen". Vom 8. August 1635 bis 1637 schweigt das Kirchenbuch. Nur aus der Kastenrechnung ist ersichtlich, das im Jahr 1635 außer "den Kranken, so nit fortkommen können" niemand in Lisberg leben kann. Der Pfarrer starb, ebenso der Kastenrechner. Von den etwa in den Jahren 1633 - 1635 eingegangenen Opfergeldern war nichts mehr vorhanden, da das Kriegsvolk den Opferstück aufgeschlagen und alles mitgenommen hatte.
Im Jahr 1636 wird eine, 1637 keine Taufe eingetragen. Desgl. keine Copulation, Confirmation, Beerdigung oder Nachtmahl. Etwa von Ende 1637 bis Anfang 1641 stand als Pfarrer in Lisberg Joh. Ludwig Geißius. Er hatte aber nicht nöthig, viele Einträge ins Protocollum zu machen: Lisberg war ein armes, verwüstetes Städtlein.

Soweit der Auszug aus der Pfarrchronik. Die gesamte Abhandlung ist in der Festschrift zur 750 Jahrfeier wiedergegeben.


 
 
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