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"Die Hex muss brennen"
Über die Hexenverfolgung in unserem Raum Büdingen und Lindheim, gibt es ausführliche Literatur. Unwissenheit, Angst vor übernatürlichen Kräfte und Aberglaube führten dazu, dass man in Notzeiten wie Krieg, Unwetterkatastrophen und Hungersnöten einen Sündenbock suchte. Da war man schnell bereit überall Hexen zu sehen und zu verfolgen.
Über Ortenberg findet sich ein gut dokumentierter Fall.
Hinrichtung von 11 Frauen auf der "Selterser Hard" anno 1662.
In seiner Erzählung "Die Schreckensjahre von Lindheim" (Hanau 1834 verlegt) berichtet er :
"Im hanauischen Amt Ortenberg wurden im Jahre 1662 elf Frauen durch den Ortenberger Scharfrichter auf der "Selterser Hard" (Hardt), woselbst auch noch der Galgen bis zum Jahre 1800 stand, hingerichtet. Von den elf Frauen waren zwei aus Enzheim, darunter die Köper -
Eine andere alte Frau, Kunigunde Glas aus Selters, wurde auf ihrem eigenen Acker "auf dem Haynbügel" dekolliert, der entseelte Körper in eine Leicht (Sarg) gelegt und außerhalb des Selterser Friedhofs an der Mauer begraben."
In einem anderen Bericht wird das Kirchenbuch Selters zitiert :
"des calvinistischen Einwohners zu Bleichenbach Joh. Ehewalt Grosmutter (bei Glaubrecht "Ehefrau des Johannes Ewald"), die alte Vei genannt, so eine Kinderfrau in Bleichbach gewesen ..... allhier auf der Selterser Hart gericht und verbrand, weil sie eine Hex gewesen."
Hier findet sich, zumindestens für die Bleichenbacher Hebamme, der Anklagepunkt "Hexerei" und die Hinrichtungsart "gericht und verbrand".
Diese Frau wurde also erst "gerichtet" (enthauptet, erdrosselt), anschließend der Leichnam verbrannt.
Da hier laut Glaubrecht der Ortenberger Scharfrichter tätig war, handelte es sich wohl um eine Sache des Landgerichtes Ortenberg, zu dem auch Enzheim gehörte.
Selters gehörte 1601 zur Grafschaft Hanau -
Wer hatte aber zu dieser Zeit (1662) das Sagen in dem Landgericht ? Wer durfte als Amtmann oder Richter Anklage erheben und Urteile vollstrecken ?
Es ist als wahrscheinlich anzunehmen, dass für das Landgericht Ortenberg zu dieser Zeit Georg Ludwig Geiß, bekannt und berüchtigt aus den Lindheimer Hexenprozessen, tätig war. 1662 schreibt Geiß an seine adligen Herrn, "das neuerdings das Zauberwesen wieder ausbreche ...." und erwirkt so die Erlaubnis, "nach Kaiser Caroli V Halsordnung zu verfahren und das Hexengeschmeis auszutilgen".
Geiß wird als absolut unfähig charakterisiert :
"...zum Ambte eines Richters zumahl nicht qualificiret ist ; Indeme er nicht alleine nichtß studieret, sondern selbst auch criminos undt seine meiste Zeit im Kriege zugebracht hat" oder "Georg Ludwig Geiß, der Sohn eines armen Edelmanns in Franken, war mitten im Krieg unter Stallknechten aufgewachsen. Lesen und Schreiben hatte er nur notdürftig gelernt. Er war ein rauer, gemeiner und geldgieriger Soldat, bevor er die Stelle des Oberschultheiß annahm."
Der Lindheimer Historiker Demandt zeigt einen anderen Ursprung auf : Demnach war Geis (ß) ein Sohn des Ortenberger Bürgers Ludwig Geis.
Ob es sich bei den beiden Geiß + Geis (beide Schreibweisen dürften damals gebräuchlich gewesen sein) um ein und denselben berüchtigten Hexenjäger handelt, kann hier nicht geklärt werden.
Aber nun zu dem wesentlichen Punkt -
Lassen wir in dieser Sache Pfarrer Blum aus Selters zu Wort kommen, der zwar kein Augenzeuge war und erst viele Jahre später das aufschrieb, was ihm berichtet wurde oder was er aus Kirchennotizen erfahren hatte.
Blum berichtet, dass 1662 im Amt Ortenberg 11 Frauen "wegen Hexerey gerichtet", das heißt als Hexen beschuldigt und hingerichtet wurden.
Zwei Frauen aus Enzheim -
Vier Frauen aus Selters.
1. Heinrich Rauchs Frau Catharina
2. Johann Dichters Frau Elisabetha, aus dem fuldischen Hof
3. Henrich Linseners (Linsemer) Frau Agnes
4. Kastenmeisters (Kirchenrechner) Weigl Glas(en) Frau Kunigunda. Sie erfuhr eine "Sonderbehandlung. Sie wurde nicht auf dem Galgenberg gerichtet, sondern auf dem Kreuzweg auf dem "Haynbügel" auf ihrem eigenen Acker decollieret
Es ist anzunehmen, das sie vermögend war und sich diese "Sonderbehandlung" teuer erkauft hat.
Fünf Frauen aus Bleichenbach -
Es war üblich, dass bei diesem "Hexenprozess" die Deliquentinnen Einzeln "vernommen" und verurteilt wurden (das kann schon einige Zeit in Anspruch nehmen), aber nach ihrer Aburteilung noch in Haft gehalten wurden, bis ein "großer Brand zusammenkam, damit es sich rentiret". Finanzielle Aspekte waren bei solchen Prozessen durchaus vordergründig, zumal Geiß als geldgierig geschildert wird.
1663
lesen wir in der Ortsgeschichte von Gießen -