Holzflösserei - Lißberg

Lißberg / Hessen
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Holzflösserei

Geschichte > Handwerk

Holzflößerei auf der Nidda.

Bei unseren Rechrchen über die Berufe und handwerklichen Tätigkeiten der Bewohner von Lißberg stießen wir auf einen "Seegräber" aus dem Amte Lißberg.
Er wird im Zusammenhang mit der Holzflößerei auf der Nidda im 17. Jhdt. erwähnt.
Leider sind Name und Wohnort des Mannes nicht näher erwähnt, aber er bot seine Dienste an, gegen Entgelt Teiche und Floßgräben in Stand zu setzen oder neu zu bauen.
Es wird auch ein Schottener Forstschreiber Rudrauff erwähnt. In der Kirche zu Lißberg findet sich ein Grabstein, der auf eine Familie Rudrauff hinweist. Es bleibt zu klären, ob sie in verwandtschaftlicher Beziehung standen.
Es erscheint uns angebracht, auf diesen "Wirtschaftszweig" in sehr gestraffter Form einzugehen.

Wenn man von Flößerei spricht, denkt man an die großen Holzflöße, die Tage und wochrenlang auf den großen Flüssen bis nach Holland unterwegs waren. Heute werden solche Touren als Touristenattraktion angeboten.
Wenn man sich den Verlauf und die Größe der Nidda anschaut, war hier Flößerei wohl nur in bescheidenem Umfange möglich. Aber sie wurde lange Jahre betrieben, wobei der wirtschaftliche Erfolg wohl eher mäßig war.

Die Ausgangslage
Die Hänge des Vogelsberges waren um das Jahtr 1000 von ausgedehnten Wäldern bedeckt. Der Baumbestand aus Buchen, Eichen, Ahorn und Esche - an den Wasserläufen auch Erlen - als "Silva Buchonia" (Buchenwald) bezeichnet, war eher ein Urwald als ein aufgeräumter Nutzwald. Die riesigen, zusammenhängenden Flächen wie Oberwald und Büdinger Forst, wurden nur von wenigen Strassen durchschnitten.

Wie sah die Nutzung dieser Ressource aus ?
In den Weistümern und Waldordnungen ist dies klar festgelegt.
Gegen Dienste und Entgelt an den Waldbesitzer, meist der Landesherr, konnten die Anrainerdörfer den Wald nutzen.

Entnahme von Bau -und Brennholz
Deckung des Holzbedarfs der Handwerker (Küfer, Stellmacher, Schüssler, Bretthauer usw.)
Nutzung des Waldes zur Viehmast (Schweine, Rinder - Ziegen und Schafe ausgenommen). Der Eintrieb war reglementiert, es musste ein "Dehngeld" entrichtet werden.
Holzbedarf für die Köhler und die "Waldschmittenstätten", die um 1000 in den Wäldern auftauchten, um Eisenerz zu verhütten.
Diese Schmelzen und Schmieden wanderten dann aber im Laufe der Zeit aus dem Wald in die Flusstäler ab, um die Wasserkraft nutzen zu können.Damit versiegte eine höchst beachtliche Einnahmequelle für den Landesherrn.

Die Erschließung neuer Einnahmequellen.
Es ist nicht verwunderlich, wenn sich der Landesherr - in unserem Falle Landgraf Ludwig IV - nach lukrativen Absatzmöglichkeiten seines reichlich vorhandenen Holzes umsah.

Sein Augenmerk richtete sich dabei auf die Bewohner der waldarmen Wetterau.
Hier wurde Bau -und vor allem Brennholz benötigt. Die Bauern klagten, dass sie ihr Stroh verheizen müssten, somit keine Einstreu für ihr Vieh hätten und demzufolge auch keinen Dünger für ihre Felder. Und dann waren da noch die Salzsieden in Salzhausen und Nauheim, die Mengen von Holz verbrauchten.
Hier lockten reiche und dauerhafte Einnahmen. Aber der Transport war ein Problem.
Was für eine Möglichkeit bot sich an ? Die Flößerei auf der Ndda.

Die nötigen Vorarbeiten.
Am 2. August 1616 erging ein Schreiben des Landgrafen an seinen Rentmeister zu Nidda, in dem es heißt :
"nachdem wir auf dem Oberwaldt ziemlich Gehölz haben sowie bishero nicht ziemlich (zu einem annehmbaren Preis) mögen anbringen können - und wir vorhaben seindt ein Geflöß uff dem Wasser die Nidda anrichten zu lassen."

Der Landgraf hatte sich vor diesem Schreiben schon im Spessart kündig gemacht, welche Vorarbeiten zur Errichtung eines "Floßwercks" nötig waren.
Schon seit dem Ende des 14. Jhdt. war der Spessart Ausgangspunkt für Brennholzflößerei nach Frankfurt / Main und Mainz. Dieses Geschäft lag in den Händen des Kurfürsten von Mainz und regte wohl andere Waldbesitzer zur Nachahmung an.
Ein Hauptmann zu Gießen scheint ebenfalls mit der Sache betraut gewesen zu sein, denn er berichtet dem Landgrafen folgendes :
Die großen Steine, vor denen ihm vorher bange gewesen sei, seien ganz unerheblich, könnten entweder mit Vorteil hinweggeräumt oder ohne große Kosten umgangen werden. Der Fläche des Wassers in den Dörfern Rainrod, Eichelsdorf und Oberschmitten sei leichter zu begegnen, als er vorher gemeint. Neben Schotten wird es etwas schwerer zugehen, bis der Flutgraben geräumt wird, jedoch sind die Steine zu zwingen. Das Wasser oberhalb Schotten sei etwas gering, doch gebe es etliche Mittel, es zu stärken.
"Erstens ist des Landgrafen Brunnenfluß beneben dem Kammergraben
(der Landgrafenborn), wie es durch den Bauschreiber abgewogen, mit geringen Unkosten in die Schotter Bach zu führen. Secundo kann man zween underschiedliche Deiche machen, darinnen kann man, wenn die Schnee abgehen, waßer samblen und alsdann zu gelegener Frist gebrauchen."
Im Juni 1616 wendet sich der Landgraf nun an den kurmainzischen Baumeister Georg Riedinger zu Aschaffenburg mit der Bitte : "begern wir, darüber
(über die Flößerei) gern eures rats zu pflegen."
Danach wird der Floßmeister Caspar Krimmer zu Lohr nach Nidda beordert, um die Arbeiten zu überwachen.  

Beginn der Arbeiten.
Caspar Krimmer traf mit einem Knecht am 18. August 1616 in Nidda ein.
Aus dem Zeughaus zu Gießen wurden 200 Pickel und ebensoviel Rodhauen angeliefert, mit denen die Untertanen die Nidda von Gesträuch und Wurzelwerk räumen sollten. Aus den Ämtern Nidda und Ulrichstein wurden Leute für diese Arbeit herbeordert. Obwohl der Floßmeister nur 40 Leute gefordert hatte, weil er mehr nicht beaufsichtigen könne, setzte der Amtmann des Landgrafen seinen Willen durch und holte weit mehr Leute nach Unterschmitten. Es sollte alles schnell gehen, denn der Landgraf wollte noch im Herbst das erste Floß abgehen lassen. Das Holz dafür musste noch im Oberwald geschlagen werden.

Landgraf und Amtmann mussten sich vom Floßmeister eines Besseren belehren lassen.
Frisch geschlagenes Holz ist zum Flößen nicht tauglich. Es ziehe Wasser und ginge auf Grund.
Das Holz müsse mindestens ein halbes Jahr liegen. Im Herbst geschlagenes könne im Frühjahr, im Frühjahr geschlagenes erst im Herbst geflößt werden.

Zeitgleich mit dem Ausräumen der "Floßbach" ging der Holzeinschlag im Oberwald einher.
Der Amtmann, der Oberforstmeister und der Forstschreiber sollten den Flößern im Oberwald einen Ort zuweisen. Es soll aber darauf geachtet werden, das "einzelne Bäume stehen bleiben, damit sichs wiederum besamen könne". Da keine gelernten Holzhauer zu bekommen waren, wurden die Untertanen des Gerichts Burkhards herangezogen. Sie bekamen Lohn und das Versprechen, abgelöst zu werden, wenn Holzhauer zu bekommen wären.

Die erste Flößung
Im Frühjahr 1617 war es dann soweit.
Und es kam, wie es der Hauptmann zu Gießen vorausgesagt hatte : Das Wasser der oberen Nidda reichte nicht aus, größere Holzmengen zu flößen. Das kleckerweise ankommende Holz musste deshalb oberhalb von Schotten mit einem in den Fluß gebauten Rechen aufgefangen und aus dem Wasser geworfen werden.
Also wurde der Teichmeister Jost Heid zu Romrod sofort in den Oberwald beordert. Er sollte das Gelände besichtigen und nach Vorschlag des Gießener Hauptmanns einen Kostenvoranschlag zur Errichtung eines Teiches zum Floßwerck machen.

Die Geschäftsverbindungen.
Inzwischen war auch mit den zukünftigen Abnehmern verhandelt worden. Die Wetterauer Bauern seien froh, wenn sie Holz zu einem leidlichen Preis haben könnten. Der Faktor der Sode in Nauheim wollte jährlich 2 1/2 Tausend Klafter abnehmen, wenn das Holz "frei Haus" geliefert werde.

Die Streckenführung
Die nutzbare Flußstrecke aus dem Oberwald bis Schotten dürfte ca 5 km gewesen sein.
Von Schotten bis Florstadt, dem günstigsten Anlandepunkt für Nauheim, waren es ca. 28 km.
Aber die Grenze des Landgrafen lag bei Dauernheim, ca 7 km oberhalb von Florstadt.
Und die Ganerben zu Staden wachten eifersüchtig über ihre Rechte und verweigerten dem Landgraf die Flößerei auf ihrem Gebiet. Sie befürchteten manch Beschwerung ihrer armen Untertanen, Beeiträchtigung der Fischerei und Wiesenbewässerung und dass das Holz zu Grunde fahret, das Wasser dadurch geschwellet und Uferbrüche verursacht würden.Also musste wohl das Holz bei Dauernheim angelandet und von dort aus nach Nauheim gefahren werden - Luftlinie ca. 14 km.

Fortgang der Flößerei
Trotz der geschilderten Schwierigkeiten und manchen Querelen und Anfeindungen unter den Amtmännern, Forstschreibern und Floßmeistern ging die Flößerei weiter.
Von 1617 bis 1619 wurden jährlich im Oberwald 3000 Klafter Holz geschlagen und geflößt.
1620 erließ der Landgraf eine Floßordnung, in der auf die Pflichten der Untertanen zur Instandhaltung der Floßbach eingegangen wurde. Auch der Diebstahl von Floßholz und das unerlaubte Errichten von Wehren zur Wiesenbewässerung wurde unter Strafe gestellt.
Aber auch während des Dreißigjährigen Krieges schien die Flößerei im Gange gewesen zu sein. Erst 1658 war die Holzflößerei auf der Nidda zum Erliegen gekommen.  

Die Kehrseite der Medaille.
Die Untertanen und speziell die Anwohner an der Nidda hatten bestimmte Frondienste zu leisten, die der Erhaltung des Floßwercks dienten.
Die Gerichte Burkhards und Crainfeld hatten Arbeiter zum Holzeinschlag zu stellen. Diese Arbeit wurde entlohnt, mit dem Versprechen, sie baldmöglichst durch gelernte Holzhauer abzulösen.
Bei diesem Versprechen blieb es, sie mussten Jahr für Jahr wieder zum Holzmachen in den Oberwald.
Daher kam es zu der Frondienstverweigerung.

Die Frondienstverweigerung.
Die Untertanen führten Beschwerde beim Landgrafen und bestanden auf ihre Ablösung durch gelernte Holzhauer. Der Landgraf reagierte ziemlich unwirsch und befahl dem Forstschreiber aus den beiden Gerichten 300 Mann auszuwählen, die am besten mit der Arbeit vertraut wären.
Er wollte den Holzmachern "Ergötzlichkeit und Erstattung tun", der Lohn pro Klafter wurde von 6 auf 7 Albus erhöht und sie wurden 6 Wochen von Diensten im Frühjahr und Herbst befreit. Aber alles Entgegenkommen half nichts. Bei den Verhandlungen des Niddaer Amtmannes Schwartz mit den Bürgermeistern der beiden Gerichte führten diese an, sie könnten keine 300 Mann stellen und forderten, das auch andere Gerichte zu den Arbeiten herangezogen werden sollten. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt. Auch der Vorschlag, fremde Holzhauer zu verdingen und die anfallenden Kosten teilweise auf die beiden Gerichte zu verteilen, wurde abgelehnt.  
Zwischen diesen beiden Verhandlungsterminen - dem 23. und dem 30. März 1620 - kam es zu der großen Frondienstverweigerung der Untertanen aus den Gerichten Burkhards, Crainfeld und Schotten, die Anfang April zu ausführlichen Zeugenvernehmungen in Eichelsachsen führten.
Aus den Protokollen kann man schließen, das die Holzmacherei nicht der eigentliche Streitpunkt war. Vielmehr das Verlangen der Behörde, immer wieder die Floßbach zu räumen und die Teiche auszubessern schien den Anlaß gegeben zu haben. Der zuständige Teichknecht habe die Teiche verkommen lassen. Der Amtmann Schwartz gab zu, das ein "Seegräber" aus dem Amte Lißberg der den letzten Teich bereits gemacht, sich erboten habe, auch die beiden Anderen für einen Lohn von 40 Florin an Geld und ein Achtel Korn in Ordnung zu bringen.
Die aufsässigen Untertanen aus den Gerichten Burkhards und Crainfeld, ihr Anführer war ein gewisser Pützen Michel aus Busenborn, versuchten bei den Untertanen des Gerichtes Schotten Unterstützung zu finden, wurden aber abgewiesen.
Sor zogen sie alleine nach Darmstadt. Allerdings war ihnen kein Erfolg beschieden.
Von Darmstadt aus wurde der Schottener Forstschreiber angewiesen, den Untertanen beider Gerichte zu eröffnen, das sie am kommenden Montag mit den Arbeiten an der Floßbach und den Teichen zu beginnen hätten, bei Meidung einer unnachlässigen Strafe von 100 Florin. Für das Holzfällen sollten sie den versprochenen Lohn bekommen. Jeder der diese Arbeit verweigere, sollte 5 Florin Strafe zahlen. Im Nachgang wurde der Forstschreiber angewiesen darauf zu sehen, "daß die Arbeiten den Leuten nicht soviel über den Haufen komme, das sie noch ihre eigen Arbeit thun können".
Mit diesem Auftrag an den Forstschreiber schließen die Akten den Fall ab.
Das Ziel, die Holzflößerei zu Fall zu bringen, wurde nicht erreicht.

Die Nachteile der Holzflößerei für die Untertanen.
Auch die Fließgewässer wurden von den Anrainern in vielfältiger Weise genutzt.
Fischerei. Die dürfte wohl nicht so ausgeprägt gewesen sein, aber an bestimmten Stellen waren wohl ganzjährig Reusen eingelegt, die an eingeschlagenen Pfählen befestigt waren.
Diese Vorrichtungen mussten während des Flößens entfernt werden.
Flachs wässern : Auch hier waren Pfähle im Fluss eingeschlagen, an denen die Flachsbündel angebunden wurden. Zur Beschwereung der Bündel wurden Steine aufgelegt, damit sie unter Wasser blieben. Das Wässern dauerte seine Zeit. Auch diese Vorrichtungen mussten entfernt werden.
Wiesen bewässern : Zu diesem Zweck wurden hölzerne Wehre in den Fluss gebaut, die das Wasser in die Bewässerungsgräben leiteten. Ohne Bewässerung keine ausreichende Grasmahd.
Auch diese Einrichtungen störten den Floßbetrieb und nussten entfernt werden. Hatte man es versäumt, wurden sie von dem Floßholz weggerissen oder von den Floßknechten zerstört.
Durch das beständige Ausräumen der Floßbach und durch auf Grund gehendes Holz wurde der Flußlauf immer tiefer. Eine einfache Bewässerung durch Anstauen war teilweise nicht mehr machbar, da die Wiesen zu hoch lagen.
Räumpflicht : Die Floßordnung verpflichtete die Anlieger bei angedrohter Strafe, ihre Strecke von Gesträuch, Wurzelwerk und Steinen freizuhalten. Das führte teilweise dazu, das die Uferböschungen so steil wurden, dass das zur Weide gehende Vieh nicht mehr an das Wasser kam um zu trinken. Ebenso mussten die daraus resultierenden "Uferbrüche" wieder mühselig und zeitraubend beseitigt werden.

All diese Nachteile mag wohl die Stadener Ganerben bewogen haben, die Flößerei in ihrem Gebiet zu verbieten.

Ein plastisches Bild der Kehrseite der Flößerei vermittelt uns eine Eingabe von Bürgermeister und Rat der Stadt Schotten an den Landgrafen vom 28. November 1619.
Darin heißt es :

"Als vor 3 1/2 Jahren die Flößerei angefangen, ist den Untertanen verheißen worden, dass ihnen alle Schäden erstattet werden sollten. Das ist aber bisher unterblieben. Die Floßbach, die vom Gebirge mit großem Ungestüm durch Rudingshain, Schotten und Rainrod fließt, hat durch das eingeworfene Holz die Wehre und Wiesen völlig zerissen, das es zum Erbarmen und man darüber wohl weinen möchte, wie der Augenschein ausweist. Auch wird der Bach von Jahr zu Jahr tiefer gemacht, und es ist fast unmöglich. ein Wehr zu legen, das Wasser in die Höhe zu bringen und die Wiesen zu wässern, wie das vordem geschah. Und wenn einmal mit großen Kosten ein Wehr aufgebazt ist, wird es ohne not von den Flößern zerhauen und niedergelegt. Auch wollen der Capitain (?) und der Forstschreiber durch Strafandrohung von 20 fl. die Untertanen zwingen, auf die Wiesen weit hinaus geflößtes Holz auf ihre Kosten wieder in den Bach zu schaffen. Wird die bach dann einmal geräumt, so werden die größten Steine den Leuten mit Fleiß weit in die Wiesen hinein gelegt, wo die Leute sie mit großen Kosten wieder entfernen müssen. Auch werden, wenn geflößt wird, die Wiesen und das Gras zertreten und verderbt. Wenn man die Wiesen am besten wässern könnte, wird es durch die Floßverordneten bei Strafe verboten, wodurch endlich die Wiesen öde und wüst liegenbleiben, sodaß die Leut mit Weib und Kind nicht bestehen können."

Das waren nicht die einzigen Beeinträchtigungen, die die Anrainer durch die Flößerei zu erdulden hatten.
Der Hauptlauf der Floßbach umfloß Schotten, hier der "Altebach" genannt. Aber oberhalb von Schotten zweigte von dem Hauptlauf der Mühlgraben ab, der durch die Stadt floß. Und an dieser Abzweigung stand wohl der Floßrechen, an dem das Holz aufgefangen und an Land geworfen wurde. Das hatte zur Folge, das bei Hochwasser das Holz den Abfluß in die Altebach hemmte und so das Wasser durch die Stadt schoß.
Das hatte für die Bürger existentielle Folgen.

Eine Eingabe der Stadt Schotten an den Landgrafen aus dem Jahre 1632 vermeldet :

"Bis solange verschienen, 7. Mai unb 12 Uhrein großes gewasser kpmmen, und dieweilen eben uff 500 Claftern obendig der Stadt gelegen, das große gewasser wegen des flosenholzes seinen Lauf nicht haben können, das Wasser mit großer Ungestümigkeit, onnversehenerweis alle Stege und die gerten und über die Wiesen in die Stadt kommen, ganze gebäude darnieder gerissen und was die Bürger an Bier und anderen Victualien, weilen eben der Jahrmargk gewesen, in den Kellern wegen des Jahrmargk bey sich gelegt und verkaufen wollen, alles verderbet und im wasser hinweg kommen. Desgleichen Menschen und Viehe seind auch im wasser elendiglich gestorben. Ecker, wiesen und gerten, alles verflöset und mit Steinen bedecket, die güttern zerrissen, das man derselben wenig zu geniesen, und wehre der rechen nicht endlich zerbrochen und das holz nicht fortgegangen, wehre der schade noch größer gangen, denn als das holz fortgangen, hat sich das wasser alsobald gesetzt.
Wenn aber gnediger fürst unsere Vorfahren, einen weiten, diefen Graben hindter der stadt ausführen lassen, daß zu großen Wassers fluthen das wasser daselbst durchgangen und der Bürgerschaft keinen Schaden zugefüget. Auch niemals das wasser Schaden gethan, den was seithero das flosenholz geflosetwerde, geschehen, so, wehre das flosenholz nicht vorhanden gewesen, wehre das gewasser ohne gefahr hidter der stadt abgelaufen.
Also gelanget hiermit unsere underthänige Bitten, E.F. Gnaden wollen solche hohe beschwerunge und großen schaden der Bürgerschaft und Undtertanen gnedig erwegen, und weilen durch die großen gewesser viel holz gar hinerg und durch gehet.
Auch E.F. gnad. an uns gtgst
(gütigst) die gnädige verfügung thun, daß die Flosen möchte abgestellt werden."

Auch diese bewegende Eingabe verhallte ungehört und zeitigte keinen Erfolg.
Die Flößerei, mit all ihren Benachteiligungen für die Untertanen ging weiter.
Erst 1658 wurde das "Floßwerck" aufgegeben.

Andere Flößereiversuche im Vogelsberg.
Im Jahr 1613 war ein Büdinger Forstmeister nach Lohr geritten, um einen wichtigen Brief abzuholen. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich dabei um einen Versuch gehandelt haben könnte, die Holzflößerei aus dem Büdinger Wald - auf der Gruündau und Kinzig - in Gang zu bringen.
Es ist jedoch nichts davon bekannt, dass es damals bereits zur Aufnahme der Flößerei kam.
Erst 1683 taucht der Gedanke der Brennholzflößerei aus dem Büdinger Wald wieder auf.
Der holländische Holzgroßhändler Henrich von der Waahl aus Hanau richtete eine entsprechende Eingabe an das Büdinger Haus, um Hanau und Frankfurt / Main mit Brennholz zu versorgen.
Zunächst blieb man in Büdingen der Anregung gegenüber taub.
Als man jedoch mehr als ein Jahrzehnt später, am 16. Oktober 1695 auf der Gründau und Kinzig begann, mußte man die Erfahrung machen, das dieser Versuch zur Erschließung neuer und aufnahmefähiger Holzmärkte im Maintal die Überwindung größter Schwierigkeiten erforderte und die Kosten der Flößerei den Erlös aus dem Holzverkauf weit überstiegen.
Auch ein erneuter Versuch im Jahre 1702 brachte das selbe negative Ergebnis.
Damit wurde die Flößerei aus dem Büdinger Wald aufgegeben.  

War die Holzflößerei im Spessart jahrhundertelang im Schwange und wohl auch rentabel, blieb dasselbe Unterfangen im Vogelsberg nur eine Episode.

Zusammengestellt von Manfred Redling, Rudolf Beck, ARgL
Quellen :
Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde, 30. Band, 1./2. Heft, Darmstadt 1967/68
Bestand Heimatmuseum Nidda
Beitrag Fritz Sauer, Seite 67 ff.

 
 
 
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