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Hirzenhain
In unserer Gegend tritt an die Stelle der bisher als Einzelunternehmen selbstständigen Waldschmiedes mehr und mehr der Landesherr. Diese Entwicklung wird in Hirzenhain eingeleitet. Dort war die 1375 erwähnte Hütte im Jahre 1444 an das Kloster Hirzenhain durch Schenkung des Grafen Johann von Ziegenhain und Nidda, des Rechtsnachfolgers der Herren von Lißberg, übergegangen.
Das Kloster hatte dann auch nach langem Hin und Her die ziemlich bedeutende Hütte zu Nieder -
Für diese Annahme sprechen folgende Tatsachen :
Im Jahre 1535 war das Geschlecht der Königsteiner ausgestorben und ihr Besitz, die Herrschaft Ortenberg und damit Kloster und Eisenschmiede Hirzenhain, durch Erbschaft an den Grafen Ludwig zu Stolberg gefallen. Der Bericht seines Kellers Philipp Eisenberger (Isenberger) zu Ortenberg vom 20. Oktober 1538, der von den Versuchen der Waldschmiede von Sichenhausen berichtet, die Erzgruben in Nieder -
Und Eisenbergers Anregung, eine eigene Eisenhütte zur Ausnutzung dieser Erze zu errichten -
Graf Ludwig von Stolberg, der neue Landesherr im Niddertal, brachte aus seiner Harzer Heimat ein großes Verständnis und eine große Liebe zum Eisenhüttenwesen mit. Er ging deshalb gerne auf Eisenbergers Anregung zur Errichtung einer eigenen Eisenhütte ein.
Dieses Vorhaben stieß bei seinem Nachbar, Graf Reinhard zu Isenburg und Büdingen und dessen Vormund, Landgraf Philip von Hessen auf Widerstand. Sowohl Hessen, in der Nachfolge der Lißberg -
Besonders als Graf Ludwig zu Stolberg 1550 begann, an Stelle der eingegangenen Klosterhütte eine Blechhütte zu bauen, kam es zu Auseinandersetzungen.
Am 21. November 1552 erschien der isenburgische Amtmann aus Wenings mit 50 Bewaffneten auf dem Bauplatz in Hirzenhain, trieb Zimmerleute und schon gedungenes Hüttenpersonal in die Nidder und ließ die Bauten zerstören. Dieser Vorfall gab Anlass zu einem Prozess vor dem Reichskammergericht, der erst 1566 beendet wurde.
Trotz aller Schwierigkeiten konnte die neue Eisenhütte am Michaelistag 1555 eröffnet werden. Allerdings nicht gleich als erzverarbeitende Schmelzhütte, sondern als Herstellungsstätte für schwarzes und verzinntes Blech, zu dem die Gederner Hütte die Eisenluppe liefern sollte. Aber schon während des Baues änderte man den Plan. Es wurde ein Rennfeuer errichtet und die Erzverhüttung aufgenommen, während die Blecherzeugung sich innerhalb von 1½ Jahren nur auf 120 Buschel Dünnblech, also auf 24 Amberger Zentner, belief und somit sehr gering war.
Isenburg und Hessen versuchten weiterhin, einen Fuß in das Eisengeschäft von Hirzenhain zu bekommen. Da die Zufahrt zur Hütte über das Klostergelände führte, verweigerten sie als Mitinhaber die Durchfahrt.
Stolberg ließ aber einen Bohlenweg entlang des Weihers bauen. Auch die Klagen der Lißberger, sie waren Untertanen des Landgrafen, die Hirzenhainer Hütte schädige den Betrieb ihrer Walkmühlen und somit der ganzen ortsansässigen Wollindustrie, brachte keinen Erfolg.
Für die Handelsbeziehungen der neuen Hirzenhainer Hütte ist es interessant, das die hergestellten Bleche auf der Frankfurter Herbstmesse 1557 vom Hüttenfaktor Herrtling an einen Nürnberger Händler verkauft wurde. Der als Blechhammermeister vom Grafen bereits 1550 angeworbene Gabriel Teuchler war wohl mehr Schmelzer und Hammerschmied als Blechhammermeister. Er erzeugte von Anfang am weit mehr Stabeisen, Radreifen, Pflugscharen und andere Eisenwaren als Blech.
Die treibende Kraft der neuen Hütte war der „Faktor" Johann Georg (Honjer) Herrtling, der als Beamter des Grafen Betrieb und Wirtschaftsführung der Hütte zu überwachen hatte. Er verschaffte der Hütte einen guten Anfang und die Grundlage für ihren raschen Aufstieg. Sein wirtschaftlicher Weitblick richtete sich auf die Ausfuhr der Hirzenhainer Eisenwaren. Im 16. Jahrhundert war „Deutschland" noch der wichtigste Eisenlieferant Englands. Die deutsche, von der Hanse über den Stahlhof in London geleitete Eisenausfuhr, war recht bedeutend.
Die Erzeugnisse wurden in Köln zusammengefasst und von Antwerpen aus, das damals noch Andorff hieß und eine Niederlassung der Hanse besaß, verschifft.
Der Hirzenhainer Hüttenfaktor Herrtling unternahm mehrer Reisen nach Antwerpen und versuchte die Erzeugnisse der Hütte nach England auszuführen. Das er sich davon ein einträgliches Geschäft versprach sieht man daran, das er nach Weggang des Schmiedemeisters Gabriel Teuchler 1557 vom Grafen die Hütte, die er bisher als Verwalter geführt hatte, als Pächter übernahm. Er zahlte dafür an den Grafen den ziemlich hohen Pachtpreis von 345 fl. Frankfurter Währung.
Während der dreijährigen Pachtzeit hat er die Hütte auf beachtliche Höhe gebracht, bei einer ausgewiesenen Jahresproduktion von 700 Wag (etwa 42 Tonnen) an Eisenerzeugnissen. Diese Produktionsmenge übertraf nicht nur weit den Ausstoß jeder anderer Vogelsberger Hütte, sie musste auch verkauft werden. Die Menge dieses „englisch Eisen" oder „englisch Schien", ein mit hohem Aufwand in Stücköfen und Frischfeuern raffiniertes Produkt, konnte nicht allein durch die Ausfuhr abgesetzt werden. Die Märkte der Umgebung mussten herhalten und die wettbewerbsstarke Hütte in Hirzenhain machte den benachbarten Hütten unterhalb Gedern, wie der östlich von Ober -
Der Lißberger Nicolaus Sauerbrey war Hüttenpächter und sein Sohn Simon arbeitete wohl als Schmelzer in der Hirzenhainer Hütte (1650 -
Rückgrat und Kerngeschäft der Hütte, war die Ausfuhr nach England. Sie hatten den Aufstieg der Hütte begründet, gaben aber auch den Anstoß zu ihrem Niedergang.
Die Erzeugung 1567/68 hatte mit etwa 56 Tonnen einen Höchststand erreicht, sank aber bis 1584/85 auf 40 Tonnen ab. Die Ursache für den Rückgang, den Lißmann schon 1582 durch eine Pachtermäßigung auszugleichen suchte, waren die tiefgreifenden Veränderungen auf dem englischen Eisenmarkt. England hatte seit Mitte des 16. Jahrhunderts, teilweise mit Hilfe deutscher Fachleute versucht, eine eigene Eisenindustrie aufzubauen. Als dies in ausreichendem Maße gelungen war, kündigte England der Hanse ihre bisherigen Rechte und zwang sie so, die Niederlassung in London zu schließen. Daher waren der Hirzenhainer Hütte nun dieser Markt verschlossen.
Lißmann gab die Pachtung 1585 auf. Der Graf ließ sie dann als Regiebetrieb mit wechselndem, aber stets sinkendem Erfolg weiterbetreiben.
1603 stellte die Hütte in 28 Betriebswochen nur noch 13 Tonnen Eisen her. Der größte Teil war „Zaineisen", zu dünnen Stäben ausgerecktes „Naheleisen", das die Nagelschmiede in Eichelsdorf, Rainrod, Ober -
Es ist auffällig, das die vorgenannten Orte Stätten mit „Eisentradition" sind, meist ehem. Waldschmitten oder Schmelzstätten, die eingegangen waren. Sie beherbergen nun die weiterverarbeitenden Berufe wie Nagelschmied oder Nadler